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AutorenbildStella Wolf

Feuer im Kopf


Fast mein ganzes Leben lang habe ich das Gefühl zwischen ankommen und weglaufen zu sein. IN der Schwebe. Auf der Flucht. Bereits als Kind mit einer blühenden Fantasie für das Unerklärliche und Magische, fühlte ich mich anders. Anders in dieser Welt voller Regeln und Normen. So sehr ich mich auch bemühte hineinzupassen, umso anstrengender und eingeengter fühlte ich mich in meinem Körper. Mein Kopf verträumt. Es machte mir nichts aus, mich stundenlang in meinem Zimmer mit den Puppen zu beschäftigten oder in der Welt der Malerei zu versinken. Heute. 26 Jahre später, spüre ich dieses Chaos mehr als je zuvor. Es gibt Tage an denen ist mein Geist klar und still wie ein hellblauer Ozean. Und dann gibt es da Tage wie diesen. Mein Kopf pocht, ich fühle mich zerstreut und vernebelt. Als ob ich keinen klaren Gedanken fassen kann und selbst lesen oder sich auf eine Sache zu konzentrieren, mir zu viel ist. Leider gab es diese Tage in letzter Zeit viel zu oft.

Feuer im Kopf, so fühlt es sich an.

Und Taubheit im Körper.

Vor 8 Monaten habe ich dann auch noch meine Periode verloren. Das Einzige, was mich regelmäßig daran erinnerte, welch ein Wundersames weibliches Wesen ich bin, fehlt nun.

Sport, Disziplin, Ehrgeiz rückten an die Stelle, in der die Weichheit vorher wohnte.

Manchmal habe ich das Gefühl, mein Unterleib weint und ich fühle mich hilflos.

Auf der einen Seite, war ich körperlich und mental noch nie so stark und vital, auf der anderen Seite sehnt sich mein Körper danach gehalten zu werden und nach Berührung.

Klartext zu sprechen und mir offen und ehrlich den Raum einzugestehen den ich brauche, fällt nicht nur mir, sondern uns alle schwer. Wir haben oft niemanden mit dem wir ungefiltert unsere Gedanken und Gefühle teile können. Dabei muss es niemand sein der uns versteht, sondern lediglich jemand der zuhört und dir schützend und liebevoll seine Hand auf dein Herz legt. Schreiben oder mich kreativ auszudrücken, half mir schon immer. Es half mir als Freunde sich in der Schule von mir abwendeten, weil ich mich "verändert" habe und "komisch" wurde. Im Schreiben fand ich eine unsichtbare Kraft die zuhörte. Die annahm, anstatt zu urteilen. Und auch heute, kann ich mir es nicht vorstellen ohne mein Journal oder Notizbuch das Haus zu verlassen. Während sich in alten Umzugkartons im Keller vollgeschrieben Bücher stapeln, suche ich heute nicht mehr nach Antworten auf große Fragen. Ich suche nach Hilfe. Was ich in den vergangenen Monaten gelernt habe, ist das wir niemals aufgeben sollten um Hilfe zu bitten und sie zu suchen, wenn wir nicht mehr weiter wissen. Wir müssen nicht "krank genug" sein oder uns Hilfe verdienen. Nein. Wir dürfen sie in Anspruch nehmen und uns für uns selbst einsetzten. Also nochmal zurück zum Thema Feuer im Kopf. Neben all den Träumereien in meiner Kindheit, ´dem schmalen Grad zwischen super sozialem Mädchen und Schulsprecherin, zog ich mich mindestens genauso oft und mit zunehmenden Alter in die Stille und Isolation meines Zimmers zurück. Ich kann häufig keine festen Verabredungen oder Termine zusagen, weil ich nicht weiß wie ich mich an diesem Tag fühle. Und durch die Jahre von Covid, wurde mir auch immer wieder gezeigt, dass mein kaum vorhandenes Interesse daran, abends auszugehen, wohl nicht normal sei.

Zu laut, zu wirr und zu Hell. Das beschreibt meine Gefühle, wenn ich abends draußen bin. Die unzähligen Stimmen der Menschen oder das beben des Musikanlage machen mich müde und lösen manchmal innere Panik aus. Enge, Körperkontakt und Gerüche. Du kannst dir das so vorstellen, als ob sich in mir an manchen Tagen ein Regler verstellt, der alles doppelt so laut und hell einstellt. Eine Art Filter. Und dann gibt es Tage, an denen fühle ich mich frei, glücklich und lebendig. An denen Tanze ich durch die Nacht und lache zwischen Weingläsern. Ich finde es super schwierig Menschen einen Stempel aufzuerlegen, mit einer Krankheitsdiagnose oder ähnlichem. Aber manchmal kann es uns auch helfen zu verstehen und Rücksicht aufeinander zu nehmen. Sei es nun ADHS ( welches übrigens wie oben beschrieben eher durch innere, anstatt körperliche Rastlosigkeit gekennzeichnet ist), oder Hypersensibilität. Eine Störung der Hormonproduktion, wie bei Verlust meiner Periode oder einem übermäßigen Sportprogramm. Wir sehen den Menschen nicht an, was in ihnen steckt, wie sie sich fühlen, wo sie herkommen und wo sie hingehen. Und ist es nicht verrückt, dass die Mehrheit von uns alle genau diese Ehrlichkeit nie ans Tageslicht bringt oder teilt. Das wir Angst habe ausgegrenzt zu werden oder gar für verrückt und närrisch gehalten werden? Ich war lange der selben Meinung. Lange dachte ich es ist komisch von Ärzten wie Psychiatern oder Neurologen zu reden oder gar einen Termin dort zu vereinbaren. Lange genug habe ich mich selbst gezwungen das Chaos in meinem Kopf zu koordinieren, meine Gefühle im Zaum zu halten und nicht ständig träumend aus dem Fenster zu schauen. Aber ich habe es so satt, so so so satt. Ich bin, genau wie Du, Mensch.

Mit all den Gefühlen, ich fühle sie lieber, die Liebe, die Freude, ebenso wie die Trauer und Einsamkeit. Ich gebe mich nicht mit mittelmäßigen Beziehungen oder Small Talk zu frieden. Ich will Menschen sehen, spüren und einen Fußabdruck in ihrem Leben hinterlassen. Genauso erlaube ich es Anderen, mich zu sehen, zu fühlen und einen Fußabdruck in meinem Leben zu hinterlassen. Aber ich bin nicht mehr bereit, nur einen Teil von mir zu leben.

Ich lebe all meine Seiten. Meine Leidenschaft und mein Kampfgeist im Sport gehört ebenso zu mir, wie meine Liebe zum Yoga, zur weibliche Kraft und der Natur. Alles in dem Wandel und der Balance zu leben, wie es die Natur vorgesehen hat. Meinen Körper mit all seinen Narben und Makeln anzunehmen, auch in der Form die sich stetig und ein Leben lang verändert. Das Feuer in meinem Kopf, ist nicht immer einfach zu ertragen und macht mich oft müde. Es lässt mich daran zweifeln, ob ich für die Liebe und Beziehungen gemacht bin, obwohl ich mir nichts sehnlicher Wünsche als genau diese Nähe und Freiheit einer Partnerschaft. Aber es eröffnet mir eine Welt voller Möglichkeiten und Chancen und Begegnungen mit Menschen, die ich anders nie hätte. Nachdem ich Jahrelang von einer Idealvorstellung zur nächsten gerast bin und mich nie langfristig festlegen konnte, so weiß ich heute, dass ich in der Ruhe und dem Durchhaltevermögen meinen Weg gehe. Mein Wunsch anderen Menschen zu helfen, ihren Heilungsweg zu begleiten, war schon immer groß. Mir selbst zu helfen, ist vielleicht auch endlich groß genug. Am Ende werden wir genau dort ankommen, wo wir sollen. Davon bin ich überzeugt. An Tagen wie heute bin ich traurig und fühle mich alleine. Nicht einsam, denn das bin und war ich nie. Aber alleine. Ich bin es irgendwo leid mich selbst zu halten, mich in den Arm zu nehmen und so zu tun, als ob es immer super toll ist single zu sein. Denn ehrlicherweise ist es das nicht. Ein nach Hause kommen oder ankommen, bei einer anderen Person. Ein Teilen und Austausch, dass is es was wir Menschen brauchen. Wir sind keine Einsiedlerkrebse und werden es auch nie sein. Aber können wir uns nur vollständig in Beziehung fühlen, wenn wir uns öffnen und so wie ich es gerade tue, offen und verletzlich machen. Die wundesten Punkte zeigen, dass wir lebendig sind. Dass jeder von uns so einzigartig und liebenswert ist, wie kein anderer.

Wenn ich so um mich schaue, wünsche ich es mir so sehr, dass unsere und die nächsten Generationen sich daran wieder erinnern. Dass unter all den Makeup Schichten, wilden Frisuren und Baggy Hosen, jeder von uns ein einzigartiges verwundbares Herz trägt. Manchmal schlägt es stark, manchmal schwach, aber jedes in seinem eigenen Rhythmus.

Nicht normal zu sein oder anders zu sein, wie ich, und wie du. das ist mehr als nur in Ordnung. Sprich darüber und frage nach Hilfe. Das dürfen wir.

Am Ende wird alles gut.



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